„Superwürmer“ können Kunststoff verdauen
Die Larven einer in Mittel- und Südamerika heimischen Käferart können offenbar mit dem Kunststoff Polystyrol als einziger Nahrungsquelle überleben und durch die Aufnahme sogar an Gewicht zulegen. Dies ergab eine neue Studie der australischen University of Queensland, die im Fachmagazin „Microbial Genomics“ veröffentlicht wurde. Die Forschenden konnten nachweisen, dass die als „Superwürmer“ bekannten Larven der Spezies Zophobas morio (Großer Schwarzkäfer) dank der Mikroben in ihren Eingeweiden in der Lage sind, expandiertes Polystyrol (EPS) zu verdauen.
Das australische Forscherteam um Chris Rinke von der University of Queensland fütterte die sogenannten „Superwürmer“ drei Wochen lang mit expandiertem Polystyrol, auch bekannt unter dem Handelsnamen Styropor. Eine Kontrollgruppe erhielt Kleie, eine weitere keine Nahrung. Ziel war es, die Ergebnisse früherer Studien zu bestätigen, wonach Superwürmer, die ausschließlich mit EPS aufgezogen wurden, überleben. Darüber hinaus wollten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen, wie sich das Darmmikrobiom der Superwürmer als Reaktion auf die EPS-Fütterung verändert. Die Forscherinnen und Forscher beobachteten, dass die Würmer, die die EPS-Diät erhielten, während der gesamten Versuchsdauer aktiv blieben, obwohl sie sich langsamer bewegten als die Würmer in der Kleie-Gruppe. Die Gruppe, die kein Futter erhielt, bewegte sich am wenigsten. In der EPS-Gruppe kam es innerhalb von 48 Stunden zu einer farblichen Veränderung der Ausscheidungen, und bei der Untersuchung der Verdauungstrakte der Würmer wurden zahlreiche EPS-Partikel im Mittel- und Enddarm der Superwürmer gefunden, die teilweise abgebaut waren und anhaftende mikrobielle Zellen aufwiesen. Die Ergebnisse deuteten die Forscherinnen und Forscher als Nachweis, dass die Würmer begonnen hatten, EPS aufzunehmen, mit Hilfe von Darmmikroben aufzuspalten, zu verdauen und auszuscheiden. Außerdem stellten sie fest, dass die mit Styropor gefütterten Würmer nicht nur überlebten, sondern sogar ein bisschen zugenommen hatten, was zeige, dass die Würmer aus dem Kunststoff sogar Energie gewinnen können. Um die Auswirkungen der EPS-Diät auf den Lebenszyklus der Würmer zu bewerten, führten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach dem dreiwöchigen Fütterungsversuch zusätzlich einen Verpuppungsversuch durch. Sie beobachteten für die drei Gruppen Kleie, EPS und ohne Futter Verpuppungsraten von 92,9, 66,7 bzw. 10,0 Prozent. Untersucht wurde zudem das Darmmikrobiom der Superwürmer, um Mikroben, Stoffwechselwege und Enzyme zu identifizieren, die möglicherweise am EPS-Abbau beteiligt sind. Das Mikrobiom der Superwürmer in der EPS-Gruppe unterschied sich in einigen Charakteristika von der Kleie-Gruppe. Es zeigten sich laut der Studie ein Verlust an mikrobieller Vielfalt, Pathogene, die auf ein Ungleichgewicht der Darmflora hinweisen, und Anzeichen für eine Stressreaktion. Welche Teile des Mikrobioms bei der Verstoffwechslung von expandiertem Polystyrol und welche Gene während einer EPS-Diät im Vergleich zu normalem Futter aktiv sind, konnte die Studie nicht abschließend klären. Auch auf welchen Wegen die Darmmikroben EPS zu Styrol abbauen, blieb unklar.
Insgesamt zeigen die Ergebnisse laut Rinke, dass Superwürmer dazu beitragen können, EPS-Abfälle zu reduzieren. Sie könnten einen großen Beitrag zu Recycling und Nachhaltigkeitsforschung leisten, meint er: „Superwürmer sind wie Mini-Recyclinganlagen. Mit ihrem Mund schreddern sie das Styropor und füttern es an die Bakterien in ihrem Darm”. Seine Forschungsgruppe will nun das Enzym identifizieren, das für die Styropor-Zersetzung verantwortlich ist, um es weiterzuentwickeln und für den Abbau von Kunststoffabfällen in Recyclinganlagen einsetzen zu können.
Quellen:
- Insights into plastic biodegradation: community composition and functional capabilities of the superworm (Zophobas morio) microbiome in styrofoam feeding trials, Jiarui Sun, Aporva Prabhu, Samuel T. N. Aroney, Christian Rinke, (microbiologyresearch.org, 9.6.2022)
- geo.de (15.6.2022)
- Foto: © University of Queensland, Hung Vu