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Plastikmüll in der Arktis stammt aus der ganzen Welt

In einem Citizen-Science-Projekt sammelten Teilnehmende von Arktisreisen für eine wissenschaftliche Erhebung Abfall an den Stränden Spitzbergens. Die Herkunft und Zusammensetzung der eingesammelten Kunststoffabfälle haben das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeresforschung analysiert. Der Untersuchung zufolge, die im Fachmagazin „Frontiers in Marine Science“ veröffentlicht wurde, stammt ein Drittel des klar identifizierbaren Plastikabfalls aus Europa und ein Teil davon auch aus Deutschland.
 

 

Für die Studie hatten Touristinnen und Touristen bei Landgängen von 2016 bis 2021 an 14 abgelegenen arktischen Stränden Abfall eingesammelt. Insgesamt 23.000 Teile mit einem Gesamtgewicht von 1,62 Tonnen kamen laut den Autorinnen der Studie aus einer Gesamtfläche von 38.000 Quadratmetern zusammen. Bei 80 Prozent der gesammelten Abfälle handelte es sich laut der Erhebung um Plastikmüll, dessen genaue Herkunft allerdings bei den meisten Stücken nicht mehr zu bestimmen gewesen sei. Woher genau die Abfälle stammen, die noch Herkunftsdaten aufwiesen, hat das Team um Meeresbiologin Melanie Bergmann vom AWI genauer untersucht. Rückschlüsse auf die Herkunft der Abfälle seien anhand von Aufschriften oder Einprägungen bei etwa einem Prozent möglich gewesen, erklärt Mitautorin Anna Natalie Meyer vom AWI. Überwiegend stammten diese Teile aus Anrainerstaaten der Arktis wie Russland (32 Prozent) und Norwegen (16 Prozent). So auch der älteste identifizierte Gegenstand, das Fragment einer Flasche, datiert auf die 1960er Jahre. Aus früheren Messungen und Computermodellen des AWI ist bekannt, dass es für die Plastikverschmutzung in der Arktis lokale und ferne Quellen gibt. Ein Teil gelange lokal von Schiffen und aus arktischen Siedlungen ins nördliche Polarmeer. In der aktuellen Erhebung fanden die Forschenden auch Kunststoffabfälle selbst aus sehr fernen Ländern wie Brasilien, China oder den USA. In den Arktischen Ozean gelange dieser Plastikmüll über zahlreiche Flüsse und Ozeanströmungen aus dem Atlantik, der Nordsee und dem Nordpazifik. Aus Deutschland stammten laut der Analyse des AWI acht Prozent der identifizierbaren Abfälle. Der Großteil der insgesamt gefundenen Abfälle gehe auf Fischerei und Schifffahrt zurück, heißt es in der Studie. Vor allem auf Schiffen und in der Fischerei müsse es ein besseres Abfallmanagement geben, fordern die Wissenschaftlerinnen. „Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass selbst reiche und umweltbewusste Industrienationen wie Deutschland, die sich ein besseres Abfall-Management leisten könnten, signifikant zur Verschmutzung ferner Ökosysteme wie der Arktis beitragen“, sagt AWI-Expertin Melanie Bergmann. „Um das Problem wirkungsvoll anzugehen, muss deshalb nicht nur das Abfallmanagement vor Ort – insbesondere auf Schiffen und in der Fischerei – verbessert werden. Mindestens genauso wichtig ist die massive Reduktion der globalen Plastikproduktion, insbesondere in den Industrienationen Europas, Nordamerikas und Asiens, da etwa 11 Prozent der Plastikproduktion in unsere Gewässer gelangen.“ Als besonders wichtig für den Schutz der Meere bezeichnete Bergmann auch das ambitionierte und rechtsverbindliche globale Plastikabkommen der Vereinten Nationen, das derzeit verhandelt wird und 2024 in Kraft treten soll (siehe auch nächster Beitrag: „UN einigen sich auf globales Meeresschutzabkommen“).
 
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