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Kunststoffe in der Umwelt: Überblick über BKV-Studien und Forschungsbedarf

Seit einigen Jahren befindet sich die Kunststoffindustrie in einem tiefgreifenden Wandel und richtet sich intensiv auf eine Zukunft aus, in der Kunststoffe im Kreis geführt und so nachhaltig und effizient wie möglich genutzt werden. Über Kunststoffe in der Umwelt und in den Meeren wird auch auf EU-Ebene und global intensiv diskutiert, etwa bei den Beratungen der Vereinten Nationen über ein globales Abkommen auf dem Treffen des Intergovernmental Negotiating Committee INC-4 im April 2024 im kanadischen Ottawa.
 

 

Auch die BKV beschäftigt sich mit diesen Themen. Im Rahmen ihres Schwerpunktthemas „Kunststoffe in der Umwelt“ bietet die BKV bereits mehrere detaillierte Studien an, die sich mit Kunststoffeinträgen sowohl aus terrestrischen als auch aquatischen Quellen befassen. Insbesondere der Bericht über „Kunststoffe in der Umwelt in Deutschland“ und das Handbuch zum Modell „Vom Land ins Meer – Modell zur Erfassung landbasierter Kunststoffabfälle“ vermitteln ein Gesamtbild, das relevante Einträge von Polymeren aus Deutschland in die Nordsee, die Ostsee und das Schwarze Meer erfasst sowie Inputmengen in die Eintragspfade abbildet. Hinzu kommen diverse Sonderbetrachtungen, so insbesondere über Kompost, Littering, Reifenabrieb und zuletzt Pelletverluste. Auftragnehmer all dieser Studien war die Conversio Market & Strategy GmbH. Darüber hinaus bietet das ebenfalls von Conversio im Auftrag der BKV alle zwei Jahre erstellte „Stoffstrombild Kunststoffe“ Daten und Fakten zu Produktion, Verarbeitung und Verbrauch von Kunststoffen in Deutschland sowie zum Einsatz von Rezyklaten. Das „Stoffstrombild Kunststoffe in Deutschland 2023“ ist derzeit in Arbeit und wird im Herbst 2024 erscheinen. Alle Studien zusammen bilden eine solide und umfangreiche Datenbasis für eine faktenbasierte Diskussion über den Lebensweg von Kunststoffen.
 
Wir haben Herrn Christoph Lindner, Geschäftsführender Gesellschafter der Conversio Market & Strategy GmbH, um ein Statement gebeten, wo aus seiner Sicht absehbar weiterer Informations- und Forschungsbedarf im Themenbereich „Kunststoffe in der Umwelt“ besteht.
 
Herr Lindner, im Bereich Kunststoffe, Umwelt & Kreislaufwirtschaft liegen bereits zahlreiche Untersuchungen und Studien vor, mit denen heute ein Gesamtbild über Kunststoffe in der Umwelt skizziert werden kann. Wie schätzen Sie die weiteren Entwicklungen ein und wo sehen Sie im Themenfeld Kunststoffe und Umwelt noch Forschungsbedarf? Gibt es aus Ihrer Sicht eventuell prioritär zu untersuchende Fragestellungen?
 
Von Relevanz ist sicherlich weiterhin die Verfolgung von Littering im Bereich von Makrokunststoffen also von Kunststoffprodukten. Forschungsbedarf gibt es insbesondere in Bereichen wie Verpackungen (z.B. zu Auswirkungen der SUP Directive, also der Einwegplastikrichtlinie der EU auf das Littering) aber auch bei Bauprodukten, die teilweise sehr lange in der Umwelt verbleiben, (z.B. Kabel, Kunststoffrohre, etc.).
 
Von besonderer Wichtigkeit sind sicherlich auch Transportverluste von Mikrokunststoffen sowohl im Küstenbereich als auch im Binnenland sowie insbesondere bei Umschlagsplätzen und Verladebereichen. Wir vermuten aktuell, dass eine signifikante Menge an Pellets über diesen Weg in die Umwelt gelangt. Hier bräuchte es eingehendere Untersuchungen zur Vermeidung dieser Emissionen. Auch, welche Mengen an Mikrokunststoffen bei Starkregenereignissen aus dem Kanal in Regenentlastungsbecken gespült wird, ist heute noch völlig unklar. Darüber hinaus sind Faseremissionen aus Textilien während des Waschvorgangs Gegenstand der öffentlichen Diskussion und ein bislang wenig erforschter Bereich.
 
Des Weiteren von Bedeutung sind Einträge in die Umwelt in Ballungs- und Freizeiträumen in der Nähe von Gewässern sowie Littering in Regionen mit starkem Tourismus. Wie stark der Einfluss bzw. auch möglich Senken zur Reduktion dieser Zivilisationsabfälle durch geeignete Maßnahmen ist, wäre ein interessantes Forschungsfeld.
 
Und schließlich gilt es den Blick auch auf Gebiete außerhalb Deutschlands zu richten. Gerade in europäischen Ländern, die an der Küste liegen oder in Ländern mit einfacher Abfallentsorgungsinfrastruktur ist die Datenlage derzeit sehr dünn.
 
Herr Lindner, vielen Dank für Ihre Einschätzung!
 
Quellen:

  • BKV GmbH (22.4.2024)
  • Foto: © Consultic Market & Strategy GmbH

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