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Interview: Mona Maria Narra zum Projekt „Circular Ocean-bound Plastic“ (COP)

Mona Maria Narra ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock im Bereich Abfall- und Stoffstromwirtschaft und beteiligt sich als Projektpartner an dem Interreg-Projekt „Circular Ocean-bound Plastic“.
Sie studierte Umwelt- und Ressourcenmanagement an der Universität Brandenburg und internationales Management von Waldökosystemen an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Eberswalde.
 
Frau Narra, das Projekt „Circular Ocean-bound Plastic” (COP) zielt darauf ab, Kunststoffabfälle möglichst nahe an der Quelle aus dem Flusssystem zu entfernen und Möglichkeiten für die Wiederverwendung und das Recycling von Meeresplastik zu identifizieren. Was ist aus Ihrer Sicht das Besondere an dem Projekt und wie ist der aktuelle Stand?
 

In vielen Projekten, die mit Meeresmüll zu tun haben, werden hauptsächlich Strandsammlungen durchgeführt. Da aber etwa 80 Prozent des Plastiks in der Ostsee aus landbasierten Quellen stammen, hauptsächlich aus städtischen Gebieten, setzen wir direkt in den Städten an, um die Kunststoffabfälle möglichst noch vollständig zu erfassen.
 
Wir haben bis jetzt im Rostocker Stadtgebiet die wichtigsten Verschmutzungsquellen identifiziert und werden im Frühling „schwimmende Mülleimer“, sogenannte PortBins, zielgerichtet installieren. Durch regelmäßige Leerungen der PortBins und Analysen der Inhalte werden die Hauptabfallartikel erfasst und es können somit Rückschlüsse auf die Herkunft der Abfälle geschlossen werden. Indem diese genaue Analyse der Herkünfte, auch im Hinblick auf Zeitpunkte und Vorkommen – z.B. Wochenendpartys am Stadthafen, Starkregen oder Hafenevents, vorgenommen wird, können besonders zielgerichtete Maßnahmen zur Verhinderung der Abfalleinträge in die Ostseezuflüsse entworfen werden.
 
Ein erstes Ergebnis des Projekts ist ein Mini-Report, welcher einen Überblick über die Methoden zur Sammlung von Kunststoffen gibt, wobei der Schwerpunkt auf den Methoden und der Entscheidungsfindung zur Sammlung von Makroplastik in Flüssen liegt.
 
Inwieweit unterscheidet sich das Projekt von z.B. dem Verbundprojekt „MicroCatch_Balt“, das im Rahmen des BMBF-Forschungsschwerpunkts „Plastik in der Umwelt – Quellen • Senken • Lösungsansätze“ von 2017 – 2021 durchgeführt wurde und die Untersuchung der Mikroplastik-Senken und -Quellen von einem typischen Einzugsgebiet bis in die offene Ostsee zum Gegenstand hatte? Greifen Sie auf Erfahrungen und Erkenntnisse aus diesem und anderen Projekten zurück?
 
Wir greifen natürlich auf die Ergebnisse der anderen Projekte zurück. Während „MicroCatch_Balt“ ja auf Microplastik fokussiert war, deren Einträge häufig aus deutlich diffuseren Quellen stammen, bezieht sich „COP“ auf Makroplastik, welches oft durch Unachtsamkeit im Fluss landet. Wir sagen gerne, dass „COP“ eine Weiterentwicklung des Interreg Central Baltic Projektes „BLASTIC“ ist, in welchem Methoden zur Aufnahme des Plastikmülls in der Nord-Östlichen Ostsee entwickelt wurden. Während hier in Nordischen und Baltischen Ländern die Flüsse beprobt wurden, wollen wir dies weiterentwickeln, um Gegenmaßnahmen zur Verschmutzung zu entwerfen und Möglichkeiten zur Nutzung des Meeresplastiks zu identifizieren. Wenn die Maßnahmen für die Reduktion von Abfalleinträgen erfolgreich sind, sind die Möglichkeiten für die Wiederverwendung und das Recycling von Meeresplastik in der Ostsee natürlich redundant – was wir erreichen wollen – aber diese sind ja auch weltweit einsetzbar, und Meeresplastik hat eine deutlich größere Bedeutung in anderen Gegenden der Welt.
 
Gegenstand Ihres Projekts ist ja auch, konkrete Maßnahmen für die Reduktion von Abfalleinträgen in die Flusssysteme und damit in die Ostsee zu entwickeln. Im Rahmen des Runden Tischs Meeresmüll wurden „Handlungsoptionen für Kommunen zur Reduktion des Plastikmüllaufkommens: Kommunale Regelungsmöglichkeiten“, entwickelt und 2022 veröffentlicht. Spielt diese Handlungsempfehlung in Ihrem Projekt eine Rolle? Welche konkreten Maßnahmen für die Reduktion von Abfalleinträgen in die Flusssysteme und damit in die Ostsee sind wohl aus Ihrer Sicht am effektivsten? Erwarten Sie hier länderspezifische Unterschiede?
 
Die Handlungsempfehlungen spielen natürlich eine Rolle für unser Projekt. Wir sind gerade, dabei eine umfassende Hintergrundrecherche für die rechtlichen Rahmenbedingungen in den südlichen Ostseeanrainerstaaten durchzuführen, aber wir gehen von ähnlichen Bedingungen in Polen, Deutschland, Dänemark und Schweden aus.
Wir wissen bereits aus vorhergehenden Studien, dass in den skandinavischen Ländern viele Getränkedosen in den Flüssen landen, hier würde wahrscheinlich eine Einführung/Erhöhung des Pfands bzw. ein grenzübergreifendes Pfandsystem, schnelle Ergebnisse in der Reduktion dieser Abfälle erzielen. Generell ist es für eine gesicherte Aussage diesbezüglich aber noch zu früh in unserem Projekt.
 
Positiv hervorheben möchte ich aber gerne die Maßnahmen der Stadt Rostock, welche bereits durch das Aufstellen von mehr Mülleimern (auch in verschiedenen Größen), die sehr frühe Reinigung des Stadthafengebietes und die Bereitstellung eines kommunalen Grills für eine Verringerung der Abfalleinträge in die Warnow im Gebiet des Stadthafens gesorgt hat. Durch die enge Zusammenarbeit mit den Projektstädten und -kommunen, Häfen und Abfallbetrieben kann das Projekt weitere Anstöße in den teilnehmenden Regionen direkt anbringen.
 
Frau Narra, vielen Dank für das Interview!

(April 2024)

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